Fortbildung: Umgang mit Menschen mit Demenz
Renate Berner, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Demenz-Support, hat im Mai und Juni Mitarbeiter:innen in einer Seniorenanlage in Stuttgart weitergebildet.
Den Einstieg in den person-zentrierten Ansatz bildete die persönliche Frage: „Was habe ich selbst von Menschen mit Demenz gelernt?“ – ein Impuls, der zum Nachdenken anregte und eine persönliche Verbindung zum Thema herstellte.
Im weiteren Verlauf arbeiteten die Teilnehmer:innen aktiv und teilweise in Gruppen an Fragen wie „Was ist Demenz?“, „Welche persönlichen Qualitäten sind im Umgang mit Menschen mit Demenz wichtig?“ oder „Welche (herausfordernden) Verhaltensweisen erleben Sie in Ihrem Berufsalltag als belastend?“. Dabei wurden Erfahrungen aus dem beruflichen Alltag eingebracht, gemeinsam reflektiert und in Fallbeispielen praxisnah durchgespielt.
Demenz ist nur ein Aspekt des Menschen „Das Problem ist nicht das Verhalten des Menschen mit Demenz, sondern der Kontext in der sich die Person befindet. Dieselbe Verhaltensweise kann in dem einen Kontext für die Pflegenden eine Herausforderung darstellen, während sie in anderen Zusammenhängen dies gar nicht tut,“ so Berner. Beispielhaft setzte sie sich mit ihrem Stuhl fest an einen Tisch und simulierte eine Frau, die eigentlich einen starken Bewegungsdrang hat. „Was glauben Sie, mache ich, wenn ich mit Bewegungsdrang hier so eingeklemmt sitze?“ Antwort eines Teilnehmers: „Sie schreien.“ Berner: „Genau! Und wenn ich die Möglichkeit habe, meinen Bewegungsdrang auszuleben, bin ich sehr wahrscheinlich wesentlich entspannter.“ Berner hob hervor, dass die Demenz nur ein Aspekt des Menschen ist. „Berücksichtigen Sie das auch in der Sprache. Bezeichnungen wie Demente oder Wegläufer reduzieren den Menschen. Die Bezeichnung Menschen mit Demenz oder Person mit Demenz hingegen zeigt auch sprachlich an, dass es durchaus noch den Menschen gibt. Dieser hat eben eine Einschränkung, die Demenz.“
Jedes Verhalten basiert auf einem Bedürfnis
Berner unterstrich, dass jedes Verhalten – ob aggressiv, ruhig oder apathisch – Ausdruck eines zugrunde liegenden Bedürfnisses ist. Die zentrale Aufgabe von Pflegenden bestehe darin, dieses Bedürfnis zu erkennen und angemessen darauf einzugehen.
Um diesen Ansatz für die Teilnehmenden unmittelbar erfahrbar zu machen, war ihr schauspielerisches Talent gefragt: Eine Teilnehmende schlüpfte – inspiriert von der sogenannten „Parkhausübung“ nach Barbara Klee-Reiter – spontan in die Rolle einer Person mit Demenz. Berner verkörperte eine Pflegekraft, die auf das geäußerte Anliegen – das Auto im Parkhaus schnell zu finden, um pünktlich an einen bestimmten Ort zu gelangen – nicht einging.
Diese Szene veranschaulichte eindrucksvoll, wie stark sich Menschen mit Demenz an vergangenen Erlebnissen orientieren und diese als gegenwärtige Realität empfinden.
Im Gefühlsleben abholen„Mit meinem Verhalten habe ich die Person mit Demenz nicht in ihrem Bedürfnis ernst genommen. Sie ist verzweifelt. Natürlich kann ich nicht mit ihr in ein Parkhaus gehen. Da ist schließlich nicht ihr Auto. Aber ich hätte auf ihre Gefühle eingehen können. Auf ihr Pflichtbewusstsein, auf ihr Bedürfnis, pünktlich zu sein.“
Mit der sogenannten Validation – also dem Abholen der Person auf Gefühlsebene – lässt sich die vordergründige Emotion, etwa Aufregung, Pflichtbewusstsein oder Sorge, auffangen und gezielt kanalisieren. „Validation bedeutet, in den Schuhen des anderen zu gehen“, erklärte Berner. „Es heißt, wertzuschätzen, akzeptieren, anzunehmen und bestätigen. Wir reflektieren, welcher Antrieb, welches Gefühl hinter dem jeweiligen Verhalten steht und sprechen diese direkt an,“ veranschaulichte Berner.
Mit weiteren Teilnehmer:innen verdeutlichte sie in einem Rollenspiel, wie man Menschen mit Demenz person-zentriert und auf Augenhöhe begegnen kann.
Zitate aus dem Teilnehmer:innenkreis:
„Es war von der ersten bis zur letzten Minute spannend – und das am Nachmittag!“
„Musik erreicht Menschen mit Demenz.“
„Eine Bewohnerin hat mich für ihre Tochter Simone gehalten. Die echte Simone war sehr traurig.“
„Validieren ist auch nicht immer einfach.“
„Manchmal sitzt man zwischen den Stühlen – Angehörige und Bewohner:in.“
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